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AUSSTELLUNG

Im Auge der Infodemie | Ausstellung

Eröffnung: 30. März 2023, 17.00 Uhr; Ausstellung bis 7. April 2023 splace am Hauptplatz, Hauptplatz 6, Kunstuniversität Linz

Begleitende Ausstellung zur Internationalen Konferenz zur Zukunft des nichtkommerziellen Fernsehens.

Das digitale Zeitalter stellt Kultur, Politik und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Vielfältige Öffentlichkeiten werden durch die Macht der Algorithmen gefährlich ausgehöhlt, Desinformation und Manipulation führen zur Destabilisierung einer demokratischen Medienlandschaft (Infodemie).

Die begleitende Ausstellung im splace am Hauptplatz präsentiert künstlerische Positionen.
Thematisch bezogene, teils medienkritische Arbeiten umrahmen die Konferenz und bieten künstlerische Einblicke in Kontexte und Thematiken des freien Medien-Zugangs und der Medien-Diversität. Die einzelnen Positionen arbeiten zum Teil mit sehr konkreten Fallbeispielen, bewegen sich aber auch im experimentellen Setting von Media-Art und Installation.

Mit künstlerischen Beiträgen von Hito Steyerl, Anna Vasof, S()fia Braga, Hasan Ulukisa, Kristina Tica, Barbara Jazbec und FAXEN

Öffnungszeiten: SA/SO 12.00 - 16.00 Uhr, MO bis FR 14.00 - 18.00 Uhr
Kuratiert von Simone Barlian und Fina Esslinger

The accompanying exhibition in the splace am Hauptplatz shows artistic positions.
Works that relate to the topic, and are often critical of media, give a framework to the conference and offer an artistic insight into the contexts and topics of free access to media and media diversity. The positions often stem from very concrete examples, but also move freely.

With artistic contributions by Hito Steyerl, Anna Vasof, S()fia Braga, Sahan Ulukisa, Kristina Tica, Barbara Jazbec, and FAXEN 

Opening Hours: 
Saturday & Sunday from 12 PM to 4 PM, Monday-Friday 2 PM to 6 PM.
Curated by Simone Barlian and Fina Esslinger

künstlerische Positionen

FAXEN / Transposition (Aether)
Medieninstallation, 2017-2023

Seit 2004 arbeiten Clemens Mairhofer, Lucas Norer und Sebastian Six als Künstlergruppe FAXEN zusammen. Raumakustische Experimente in Verbindung mit Alltagsgegenständen, skulpturale Assemblagen, bzw. die physische Komponente von Klang sind zentrale Elemente musikalischer sowievisueller Kompositionen der Künstlergruppe FAXEN. Die Arbeiten thematisieren das Interessean Momenten, in denen Lärm als Klang und Klang als Musik wahrgenommen wird, und erforschen Unterschiede zwischen Hören und Zuhören.
Sobald auf die Soundinstallation zugegangen wird, werden die Besucher*innen von einem Soundteppichaus Kurzwellenradio-Signalen umgarnt. Diese Signale sind nicht durch die Erdkrümmung limitiert, da sie von der oberen Atmosphäre zurück auf die Oberfläche reflektiert werden. Dadurch ist es ihnen möglich, interkontinentale Strecken zurückzulegen und sie sind ideal dafür geeignet, Zensur in Zeiten des Krieges und der Unterdrückung zu umgehen.Ein langsam rotierendes Mikrofon fängt diese Radioübertragungen ein und gibt diese durch Kopfhörerwieder. Der*die Hörer*in nimmt einen steten Wechsel und einen Mix aus verschiedenen Radioprogrammen wahr und wird gleichzeitig mit immer wieder neuen und unerwarteten Kombinationen konfrontiert.

Barbara Jazbec / Uncanny TV
Interaktive Installation mit Zungen-Interface, 2022

Barbara Jazbec ist eine intermedia Künstlerin aus Trbvlje, Slowenien. Sie machte ihren Bachelor inMedia and Arts an der Tampere Universität für Angewandte Wissenschaft in Finnland. Vor kurzerZeit beendete sie das Masterprogramm Interface Cultures in Linz, Österreich. Ihr Spezialgebietkommt davon, dass sie großteils mit 360 Grad Video und Videoinstallationen gearbeitet hat. In ihrerArbeit verbindet sie eigenartige persönliche Erfahrungen mit Sci-Fi Futurismus und einem Hauchvon Humor. Sie findet das Schöne im Eigenartigen und Seltsamen. Barbara Jazbec organisiert undleitet mehrere verschiedene experimentelle Video-Workshops und ist Kuratorin des internationalenVideo-Festivals DigitalBigScreen360° in Trbovlje, Slowenien, das zeitgleich mit dem Speculum Artiumläuft.
Das Uncanny TV ist eine interaktive Installation, in der der*die Besucher*in durch Springen zwischenFernsehsendern dazu eingeladen ist, das Geheimnis der Geister in der unheimlichen Vorstellungvon elektronischen Medien zu erforschen. Die Fernsehsender innerhalb der Installation sind KI-generierteAnimationen und Videoarbeiten. Sie bringen eine tiefere Ebene in diese unheimliche Welt.
In den Worten von Ernst Jentsch: „Wenn du wirklich näher an die Essenz des Uncanny kommenwillst, dann ist es besser, nicht zu fragen, was es ist, sondern vielmehr danach zu suchen, wie dasUncanny auf einer psychologischen Ebene sich manifestiert, was die physikalischen Bedingungensind, in denen das Uncanny hervorscheinen kann.“

Hasan Ulukisa / rural shades – adiro verde
86 x 66 x 20cm, 3D-Installation, 2022

Hasan Ulukisa wurde 1994 in Istanbul geboren, lebt und arbeitet in Linz. Als bildender Künstlerarbeitet er interdisziplinär und ist vor allem an den Überschneidungen von Analogem und Digitaleminteressiert. In seiner aktuellen Serie „rural shades“ transportieren die transformativen Prozesse desMediums der Fotografie und die begleitenden Projektionen/Formen die Komplexität des Inhalts. 
Die Serie „rural shades“ dokumentiert die Symbiose von Natur und Mensch rund um Ostanatolien.Zusätzlich dazu untersucht sie das Verhältnis zwischen verschiedenen religiösen und ethnischenMinderheiten, unter anderen Alevit*innen, Kurd*innen und Armenier*innen.
Ein Waldbrand brach im August 2021 aufgrund einer Militäroperation in der ostanatolischen RegionDêrsim (Tunceli) aus. Dieser wütete 13 Tage lang. Die Gegend wurde laut Ortsansässigen drei Malvon einer Drohne am 16. August bombardiert. Der öffentliche Aufschrei wuchs zunehmend durchdas Versagen der Regierung, etwas gegen das Feuer zu tun. Es kam aber erst nach internationaler(Medien-)Aufmerksamkeit dazu, dass die Bezirksregierung zwei Löschhelikopter am 29. Augustzum Feuer beorderte. Dêrsim ist seit Jahrhunderten eine umkämpfte Gegend aufgrund ihrer semiautonomenPosition und alevitischen Identität innerhalb des von Sunni dominierten osmanischenReichs und ihrer kurdischen, kirmanc und/oder zaza Identität. Dadurch gab es immer wieder Militäroperationenin der Region, ausgeführt von osmanischen und türkischen Militärs, die tausendezivile Todesopfer und Vertreibungen zur Folge hatten, sowie Zerstörungen von Landwirtschaft undDörfern hauptsächlich durch Feuer.
Die Installation adiora verde basiert auf Infrarot-Bildern aus der Region, die in Form eines 3D Modellenabgebildet werden. Ultraschall-Membrane sind unterhalb positioniert, die Nebel produzieren,sobald sie in Kontakt mit Wasser treten. Adiro verde beabsichtigt, einen Bogen zwischen der historischenund der derzeitigen Unterdrückung von Minderheiten in der Türkei zu spannen.

S()fia Braga / Felt Cursed, Might Delete Later
Kurzfilm, 2023

Felt Cursed, Might Delete Later ist ein KI-generierter Kurzfilm, der den Blick der Maschinen und dienicht-menschliche Handlungsfähigkeit erforscht, um spekulative Fabulationen aus der Novacenezu kreieren. Die Novacene ist eine neue Ära der Kollaboration zwischen Menschen und Nicht-Menschenund zielt auf das Überleben und die Bremsung der bevorstehenden Auslöschung von organischemLeben, so wie wir es kennen, ab. Neue Systeme der post-scarcity, basierend auf einer Verbesserungder menschlichen Selbstrealisierung, kybernetischen Ökologien und einer Vielzahl neuerMöglichkeiten sind greifbar, aber nur unter einer Bedingung: wir müssen die anthropozentrischeVision überwinden, und den derzeitigen menschlichen Status als evolutionären Schritt in Richtungeiner neuen Welt, die für synthetische Lebensformen geschaffen ist, akzeptieren.

S()fia Braga erfoscht den Blick der Maschinen, um kreative, spekulative Fabulationen zu kreieren, mit einem Fokus auf Interveillance, Transhumanismus und nicht-menschlicher Handlungsfähigkeit.S()fias Identität ist im konstanten Wandel und geht Hand in Hand mit den Narrativen, die sie innerhalb ihrer Projekte erschafft: über die letzten drei Jahre war sie eine Künstlerin, ein Cyberstalker, ein transhumanistischer Entrepreneur und mutierte bereits mehrere Male in eine monströse Kreatur.

Hito Steyerl / Strike
Single channel high-definition digital video, Courtesy the artist, Andrew Kreps Gallery, New York and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul, 28 sec., 2010

Hito Steyerl (* 1966 in München) ist eine deutsche Filmemacherin und Autorin, die sich in essayistischen Dokumentarfilmen und Texten mit Fragen postkolonialer Kritik und feministischer Repräsentationskritik auseinandersetzt. Ihre Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Film und Bildender Kunst sowie von Theorie und Praxis. Im Kunstbereich ist sie als Kommentatorin, Kritikerin und Lehrende tätig – derzeit als Professorin für Medienkunst an der Universität der Künste Berlin. Ihre Filme werden weltweit bei zahlreichen Filmfestivals und Kunstausstellungen gezeigt, unter anderem auf der Biennale in Venedig, im Museum of Contemporary Art, Los Angeles und im Museum of Modern Art, New York.
Das Video beginnt mit dem englischen Wort „Strike“ in weißen Großbuchstaben. Ins Deutsche übersetzt bedeutet dies einerseits etwas zu schlagen oder zu treffen, andererseits aber auch einen Protest durch Arbeitsniederlegung. Sobald die Schrift verblasst, ist die Künstlerin selbst zu sehen und hält einen Hammer und einen Meißel in der Hand. Sie geht auf einen flachen Bildschirm zu – ähnlich jenem, auf dem das geloopte Video zu sehen ist – und schlägt scheinbar ein Mal mit den Werkzeugen, die sie in der Hand hält, darauf ein, sie schaltet dadurch den Bildschirm ein, beschädigt dabei aber auch das Display und verzerrt so das Bild. So wie in anderen Arbeiten von Hito Steyerl adressiert sie hier den inhärenten Widerspruch von Bildproduktion, künstlerischer Arbeit und Widerstand.

Kristina Tica / PROMPT: WAR STORIES
Generative Zweikanalvideoinstallation, Dauer [10‘21“ / 09‘ 47“], 2022

Kristina Tica (*1995, Belgrad) ist eine bildende Künstlerin mit einem Fokus auf praktischer und theoretischer Forschung im Bereich von Machine Learning und kritischer KI. Sie verwendet Machine-Learning-Algorithmen in ihren Arbeiten, um ästhetische und ethische Elemente der Verwendung solcher Werkzeuge in Frage zu stellen, anhand der derzeitigen Innovationen in den Bereichen von automatisierter Bild-Erschaffung und Bilderkennung zwischen algorithmischer Syntax, Repräsentation und Bildsemiotik.
In der neuesten Ausgabe ihres Projekts PROMPT: WAR STORIES, werden text-to-text und textto-image, so wie GPT-3, ChatGPT, DALLE-2, StableDiffusion und ähnliche Tools verwendet, umzwei Videoarbeiten zu kreieren. Sie sind als Video-Essays zusammengesetzt und stellen simulierte Nachrichtenmeldungen, quasi-Historien, Kriegspoesie und Fantasien dar, sie synthetisieren diese Daten aus kollektiven Historien, kulturellem Kapital und wirklichen Ereignissen und erschaffen dadurch Fiktionen oder Simulationen der Realität. Die Entdeckungsreise driftet hier in heikle Inhalte, Themen der Gewalt, Voreingenommenheit und Mitgefühlsmüdigkeit und befasst sich somit mitdem Problem von Rücksichtslosigkeit durch Automation.
Kriegsgeschichten werden als Stichwort verwendet, sei dies in Form von wirklichen bewaffneten Konflikten oder auch Videospielen. Die Grenzen zwischen dem Realen und Virtuellen werden verwischt und werden zu Ressourcen von Information, Wissen oder zu Empathie-Triggern. Sie werden in jeglicher Art kontrastiert und unvergleichlich gemacht, von kollektiven Tragödien und Traumatabis hin zu heroischen Bezwingungen, sie werden als generative Inhalte ausgebreitet und haben somit an sich keine Absicht oder persönlichen Bezug – jedoch macht das Fehlen einer eigenständigen Handlungsfähigkeit das Kreieren solcher Inhalte in keinster Weise neutral.

Anna Vasof / The Other Way Around
Videoloops, 5 min, 2023

Anna Vasof ist eine medien- und zeitbasierte Künstlerin. Ihre Arbeiten sind durch ihre Scharfsinnigkeitund Witz universal zugänglich. Sie sind verankert in genuiner Experimentierfreudigkeit von Kernmechanismen zeitbasierter Kunst. Sie geht jeder Frage auf den ursprünglichen Grund, siefängt bei Null an und erfindet Prämissen durch ihre eigene Perspektive neu. 
Nichts funktioniert so, wie es sollte; alles ist umgekehrt. The Other way Around ist ein revolutionärer Akt gegen das Alltägliche.

Kerstin Reyer (support Sophie Netzer) / STUDIOKULISSE
RGewinderohre, Holz, Folie, 4x4x2,5m, 2023

Kertin Reyer und Sophie Netzer arbeiten seit 2017 zusammen und sind Teil des Performance Kollektivs raumarbeiterinnen.
STUDIOKULISSE ist eine performative Ausstellungsarchitektur, die Raum schafft - eine lustvolle Skulptur, die zum Benutzen einlädt.

Foler.pdf

www.dorftv.at/infodemie

Ausstellungsansicht: Hito Steyerl, A Sea of Data, National Museum of Modern and Contemporary Art, Korea (MMCA), 2022; Image courtesy of National Museum of Modern and Contemporary Art, Korea (MMCA) © The artist / VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Photo © Hong Cheolki

All watched Over by Machines of Loving Grace, Video Installation, Atelierhaus Salzamt, Linz 2023; Photo Credit Indiara Di Benedetto; © S()fia Braga

Installationsansicht, Mediterranea 18 Young Artists Biennale Tirana und Durres, 2017 © FAXEN

Ausstellungsansicht, Ars Electronica Festival, 2022 © Barbara Jazbec

Installationsansicht, Parallel Vienna, 2022 © Hasan Ulukisa

Screenshot Prompt: War Stories, 2022 © Kristina Tica

Screenshot, The Other Way Around, 2023 © Anna Vasof

Entwurf Kerstin Reyer, Studiokulisse, 2023 © Kertin Reyer

Plakat zur Konferenz "Im Auge der Infodemie", 2023